Eine Rundreise durch die USA

04. OKTOBER - 03. NOVEMBER 2016

Freitag, 7. Oktober 2016

Tag 4: Route 66 (Chicago - Springfield)

 

Für alle, die in amerikanischer Geographie nicht so bewandert sind und keine Idee haben, wo genau ich mich befinde, da ich entsprechende Nachrichten erhalten habe; nein, vom Sturm merke ich nichts. Ich habe nur in den Nachrichten davon gehört, denn die werden hier dominiert von drei Themen, der Playoff-Teilnahme der Chicago Cubs, dem Wahlkampf zwischen Hillary Clinton und Donald Trump und eben dem Sturm, der gerade über Florida wütet. Drei Millionen Menschen mussten wohl schon evakuiert werden. Hier ist es zwar etwas kälter geworden, als an den ersten beiden Tagen, der Himmel war heute stärker bewölkt, aber eigentlich war es ein sehr schöner Tag. Hoffentlich zieht der Sturm nicht weiter nach New Orleans oder anderen Gegenden in die ich reisen wollte. Und hoffentlich richtet er allgemein keinen großen Schaden mehr an.

Heute Morgen hieß es nun, Chicago verlassen. Neugierig welches Auto ich bekommen würde, habe ich aus meinem Hotel ausgecheckt und mich mit samt meinem Gepäck auf den Weg gemacht. Nur ein paar Blocks wieder die Michigan Avenue entlang, zum Hyatt Hotel am Chicago River, in dessen Lobby die Hertz-Vertretung untergebracht war, bei der ich mein Auto reserviert hatte. Wir deutschen nehmen es doch mit der Pünktlichkeit so genau, aber hier war man noch penibler, ich war früher als vereinbart und wurde darauf hingewiesen, dass es einen Termin gibt und ich keine Minute vorher nachfragen bräuchte. Eine Minute vor dieser Uhrzeit kam die Dame dann zu mir und meinte, der Wagen sei fertig. Ein wenig hatte ich ja gehofft, es könnte ein amerikanerscher Wagen werden oder gedacht, es wird ein deutsches Auto, aber es wurde etwas ganz anderes. Ein Honda Civic, mit Kennzeichen aus Florida.

Vor dem Fahren hier hatte ich ein wenig Sorge, ein fremdes Land, andere Regeln, eine riesige Stadt. Mein Navi habe ich mir von zu Hause mitgebracht und die Strecke schon eingespeichert, die ich fahren wollte, so dass ich zumindest nicht in Gefahr war, mich zu verfahren und glücklicherweise musste ich vom Hotel weg nur einmal links abbiegen, dann rechts und dann sollte es erst einmal lange gerade aus gehen. Vorbei an dem Schild, dass anzeigt, dass dort die Route 66 beginnt. Dieser wollte ich die ersten zwei Tage folgen, über Springfield nach St. Louis und an den Mississippi. Von dort geht die Route 66 weiter, quer durch das Land, bis sie in Los Angeles am Pazifik endet. Ich habe aber vor, in St. Louis nach Süden abzubiegen und den Ufern des Mississippi zu folgen. 

Ein Navi hätte ich erst einmal gar nicht gebraucht. Nicht nur weil die historische Route 66 komplett ausgeschildert ist, sondern weil sie auch erst schnurgerade Richtung Westen aus Chicago heraus führte  und dann nach Südwesten abbog, um noch viel länger einfach gerade aus weiter zu führen. Dabei waren die Vororte Chicagos jedoch kein sehenswerter Anblick. Das war nur der Blick in den Rückspiegel, in dem die Skyline und vor allem der Willis Tower kleiner und kleiner wurde.

Wenn man nicht aufpasst, wird man auf die Interstate 55 geführt, die heutzutage als Route 66 bezeichnet wird. Zum Glück ist aber auch die "wahre" Route 66 noch ausgeschildert. Diese führt nicht über Interstates, jedoch auch nicht wirklich immer über die Originalstrecken, da diese teilweise gar nicht mehr existieren. Auch haben die vielen kleinen Ortschaften, durch die die Route 66 früher führte, heute fast alle Ortsumgehungen, wobei ich diese nicht genutzt habe, um mir auch all die kleinen Orte anzusehen. Den einzigen Umweg von der "wahren" Route 66 habe ich etwa 60 km südöstlich von Chicago in der Kleinstadt Joliet gemacht. Der Grund waren wieder die Blues Brothers. Die beiden Hauptfiguren heißen Joliet Jake und Elwood. Elwood heißt übrigens der nächste Ort auf der Route 66. In Joliet wurde aber die Anfangsszene des Films gedreht, denn hier befindet sich das Joliet Correctional Center. Das Gefängnis, aus dem Jake am Anfang entlassen wird. Das Gefängnistor seht ihr auf einem der Bilder, jedoch heute sehr zugewachsen, wenn auch immer noch sehr gut zu erkennen. Auch Filme wie Prison Break und Read Heat wurden hier gedreht. Es war aber nicht nur ein Drehort sondern auch ein echtes Gefängnis. Von 1858 bis 2002 war es anfangs das größte Gefängnis der Vereinigten Staaten und hier gab es auch einen elektrischen Stuhl. Der mir bekannteste Inhaftierte, der auf diesem Platz nehmen musste, war der Serienmörder John Wayne Gacy.

Wenn man Joliet dann in Richtung Süden verlässt, findet man am Straßenrand, auf einem Pfeiler aufgespießt, ein Bluesmobile und angefangen damit fand ich nun entlang der Straße immer wieder kleine "Sehenswürdigkeiten", die auch heute noch einen Teil zum immer noch anhaltenden Kult um die Route 66 beitragen. In Wilmington erwartete mich nahe des Ortseingang eine der bekanntesten Figuren an der Route, der Gemini Giant. Wann immer man Bilder der Route 66 findet gibt es gute Chancen, auch diese Figur zu sehen. Er gehört zu den "Muffler Men". Diese, bis zu 10 Meter hohen Fieberglasstatuen sind überall in den USA zu finden, so sie denn noch erhalten sind. Es sind Werbefiguren, die auf eine jeweilige Attraktion aufmerksam machen sollen und die dabei unterschiedlichste Formen annehmen können, wie der Gemini Giant oder, eine der bekanntesten Figuren, Paul Bunyan. Benannt sind diese Muffler Men nach der ersten dieser Werbefiguren, die wohl ein Paul Bunyan war, der einen Auspuff in Händen hielt. Muffler ist das englische Wort für Auspuff oder Schalldämpfer. In diesem Stile begegneten mir dann am Polk-a-dot Drive Inn in Braidwood wieder die Blues Brothers und dieses mal auch Elvis, neben ein paar anderen Figuren. Dieses Drive Inn ist ein recht altes Lokal, das schön länger an der Straße existiert und immer noch den Stil der 50er Jahre widerspiegelt. Ebenso den Stil früherer Jahre spiegeln auch zwei alte Tankstellen wider an denen ich dann vorbei kam. Die Ambler´s Texaco Gas Station, in der sich ein heute eine Touristeninformation zur Route 66 befindet und die Ferrari Gas Station, die einfach nur hübsch aussah.

Mein Mittagessen habe ich in Pontiac eingenommen. Diese Stadt hat nichts mit der gleichnamigen Automarke zu tun, jedoch beheimatet sie die Route 66 Hall of Fame. In den USA hat wohl alles seine eigene Hall of Fame und so auch halt eine der berühmtesten Straßen der Welt. Wobei es sich wohl mehr um ein weiteres Museum entlang der Route 66 handelt. In dem kleinen Städtchen blieb ich nicht lange, mein Tagesziel wartete nicht mehr weit von hier auf mich und begrüßte mich gegen 16 Uhr mit einem weiteren Muffler Man. Einer überlebensgroßen Statue des Mannes, wegen dem ich diese Stadt als Tagesziel ausgewählt hatte. 

Abraham Lincoln heißt dieser Mann und die Stadt Springfield, Illinois.

 

 

 

Fortsetzung folg...