09. Oktober 2023 - Tag 17:
Arches
Der Wecker ging um 5 Uhr und langsam wird es Zeit, dass ich doch mal was länger schlafe. Ich musste aber früh raus, damit ich in den Arches Nationalpark überhaupt einfahren konnte. Zwischen 7 Uhr und 17 Uhr braucht man Reservierungen. Und die waren alle vergeben, als ich wusste, wann ich hier sein werde. Nicht erwartet habe ich, wie viele Menschen mit mir in den Park eingefahren sind. Im Dunkeln brauche ich nur einer langen Schlange roter Rücklichter folgen und dann bald auch auf dem Wanderweg vielen Taschenlampen.
Bevor ich aber weiter erzähle, mag ich erst mal auf etwas eingehen, was ich in den letzten Tagen immer wieder lese, wenn ich Nachrichten aus der Heimat bekomme. Mehrfach wurde mir gesagt, wie einsam die Landschaft aussieht, wie einsam das alles ist und ob mir da nicht langweilig werden würde. So einsam ist es hier nicht wirklich. Mit mir waren schon kurz nach Sonnenaufgang viele Menschen hier. Auf der anderen Seite und über mir waren noch viele mehr und in der Stunde, in der ich dort war schätze ich, dass etwa fünfmal so viele Menschen hier waren. Und als ich ging, kamen weitere Menschenströme entgegen. Auch wenn ich gestehen muss, dass ich mir bei all den Anstrengungen, der Hitze und anderen Gründen weniger Mühe mit meinen Fotos mache, als ich es in der Vergangenheit gemacht habe, so versuche ich doch Fotos so zu schießen, dass möglichst nur die Landschaft und weniger all die Touristen auf den Fotos sind. Wenn ihr zurück geht, das Bild vom Cassidy Arch nehmt und seht, wie viele Menschen da oben drauf sind, sieht man die Wahrheit.
Und zur Einsamkeit, dort habe ich nicht nur die Aussicht genossen und dabei gefrühstückt, sondern habe mich mit dem Pärchen im Vordergrund, einem anderen Paar, dass direkt rechts neben dem Bild war und einer älteren Dame, die auf der anderen Seite von mir saß auch fast eine Stunde über alles mögliche unterhalten und mit vielen anderen auch die Leute beschimpft, die sich im Delicate Arch aufgehalten haben und damit anderen die Aussicht und die Chance auf schöne Bilder genommen haben. Es war ein sehr lustiger morgen mit einer einmalig schönen Aussicht, dass es fast schade war, dass es irgendwann weiter ging.
Apropos, ich war dort, wie gerade erwähnt, am Delicate Arch. (Ich muss aufpassen, dass mir nicht bei all den Arches mal ein S in die Mitte rutscht. Sollte das passieren, bitte ich um Verzeihung.) Dieser Bogen ist etwa 16 Meter hoch, freistehend und eines der Wahrzeichen des Staates Utah. So berühmt, dass hier nicht nur schon die olympische Fackel durchgetragen wurde, zu den Winterspielen 2002, die in der Hauptstadt Utahs, Salt Lake City, stattfanden. Er ist auch als Hintergrund auf sehr vielen Nummernschildern Utahs abgebildet. Dieser Ort, der etwas wie ein Freilichttheater wirkt ist einmalig. Der Bogen wirkt sehr beeindruckend, aber auch der Hintergrund, die Landschaft dahinter, die Berge, die Weite, die gesamte Aussicht, wirklich überwältigend. Der Aufstieg hier her ist nicht ganz einfach und anstrengend, aber er hat sich absolut gelohnt. Vielleicht geben die Bilder das nicht so her, aber, da war es noch recht dunkel. Nach Sonnenaufgang sah es besser aus, aber dann waren halt eben keine menschenleeren Bilder mehr möglich. Dann turnte immer wer am Bogen herum. Manchmal sogar wortwörtlich.
Der Park heißt nicht Arches für nichts. Hier kann man an vielen Stellen zu mehrere Natursteinbögen wandern. Der Reihe nach sind das auf den Fotos der Pine Tree Arch, der Landscape Arch, der mit über 90 Metern Weite einer der größten der Welt ist, der Double Arch, der mit anderen Formationen hier, wie dem Balanced Rock, die Kulisse der Anfangsszenen im Film "Indiana Jones und der letzte Kreuzzug" bildet. North Window Arch, Torrent Arch, South Window Arch und North Window und South Window zusammen. Hinter dem Double Arch das Bild nennt sich Elefantenparade, aber mit Mühe kann ich da nur maximal einen Elefanten erkennen und die letzten Bilder sind Ansichten des Balanced Rock, der La Sal Mountains und auf dem letzten Bild sind mehrere Gesteinsformationen, wie die Orgelpfeifen und die drei Klatschbasen.
Der Tag im Park war bisher einer der schönsten auf meiner Reise, jedoch muss ich gestehen, das Wandern habe ich heute etwas eingeschränkt. Die Beine sind doch noch immer schwer. Wobei, ich denke auf über 10 Kilometer bin ich sicher wieder gekommen. Sechs Stunden im Park haben mir aber gereicht. Dafür habe ich noch zwei Stunden am und im Pool des Hotels verbracht. Ich muss aufpassen, dass ich mich nicht zu sehr daran gewöhne, immer im selben Hotel zu sein.
10. Oktober 2023 - Tag 18:
Canyonlands - Island in the Sky
Diese Nacht muss es leicht geregnet haben, zumindest war mein Auto voller Regentropfen, als ich das Hotel verließ. Und am Horizont waren Regenwolken sichtbar. Jedoch nicht in der Richtung, in der ich heute unterwegs war. Es ging noch mal nach Norden, bevor in den nächsten Tagen die Hauptrichtung Südwesten wird. Das Ziel war der nördliche Teil der Canyonlands, welcher sich Island in the Sky nennt. Ich weiß zwar nicht, ob das wirklich der Grund ist, warum er sich so nennt, aber es ist tatsächlich eine riesige Hochebene, umgeben von tiefen Canyons, die hier vom Colorado River und dem Green River geformt wurden.
Um einmal einen Eindruck für die Entfernungen zu geben, die Zufahrtsstraße zum Nationalpark von der Hauptstraße ist 30 Kilometer entlang und dient nur als Zubringer für den Nationalpark und einen kleinen Statepark nebenan. Der Teilbereich in dem ich heute war dehnt sich dann noch mal 20 Kilometer in zwei verschiedene Richtungen aus und das ist dann nur das Plateau. Alles was man von da aus sehen kann, ist auch alles Nationalpark. Unglaublich riesig, das alles hier. Morgen werde ich weitere 100 Kilometer fahren, nur um das andere Ende des Nationalparks zu kommen.
Heute war ich wieder faul und bin mehr oder weniger nur zu den Aussichtspunkten gefahren, ausgestiegen und habe die Aussichten genossen. Am Ende des Tages heißt dann aber faul sein, dass ich um die 10 Kilometer gewandert bin. Ganz so faul war das dann wohl doch nicht. Die Fotos werden heute nicht ganz so spannend, da die längste Wanderung am Rand eines Canyons entlang ging, der so riesig war, dass sich die Bilder nicht wirklich unterscheiden. Spannend dabei ist, man wandert wirklich am Rand des Abgrunds und beim Verhalten mancher Touristen wundert mich, dass hier regelmäßig Unfälle passieren. Aber ich bin wohl einfach nur ein Feigling. Hoffentlich sieht man auf den Fotos, wie nah an den Rand man wirklich kommt und wie tief es dort runter geht.
Während ich da wanderte bin ich tatsächlich einem Paar begegnet, mit dem ich mich vor einer gefühlten Ewigkeit, bei all den Eindrücken, im Valley of Fire unterhalten habe. Insgesamt kam ich auch heute wieder mit einigen Leuten ins Gespräch. Auch habe ich die Gelegenheit genutzt, mal ein Nummernschild aus Utah zu fotografieren, um den Delicate Arch von gestern darauf zu zeigen. Ansonsten muss ich gestehen, habe ich wenig zu erzählen, denn ich habe Angst, dass es sich doch nur wiederholt. Ich hoffe, auf den Bildern wirkt es nicht, wie immer nur ein paar rote Felsen im Sonnenschein. Durchhalten. Es sind noch etwa vier Tage Nationalparks, dann habe ich diesen Teil der Reise hinter mir. Dann wird es mehr wieder nur ein gewöhnlicher Roadtrip und ich denke, die Landschaften werden sich dann auch wieder verändern. Leider halten Pläne ja doch nur bis zum ersten Problem, so dass ich meine nun insgesamt leicht ändern musste und so drei Tage vor meinen Reiseplänen bin und nicht sicher weiß, wie ich diese verteilen soll. Im Moment sieht es auch so aus, als käme noch einer dazu, wobei ich auch meinen Aufenthalt in San Diego um einen Tag verlängern will. Vielleicht finde ich ein günstiges Motel an der Pazifikküste, dann mache ich mir vielleicht ein paar ganz faule Strandurlaubstage.
11. Oktober 2023 - Tag 19:
Canyonlands - Needles
Ich bin 120 Kilometer südlicher als gestern und damit nun irgendwie auf der Heimreise, denn ich habe den östlichsten Punkt meiner Rundreise erreicht. Allerdings bin ich dafür mehr als 250 Kilometer gefahren heute. Gestern sprach ich ja von Entfernungen. Die Zufahrtsstraße heute zum Nationalpark war 50 Kilometer lang. Man muss also von der Hauptstraße 100 Kilometer fahren, um zum Park und zurück zu kommen. Nun stelle man sich vor, wie weit man zu Hause mit 100 Kilometern kommt. Auch sprach ich ja schon von Einsamkeit. Heute war ich wirklich einmal in einsamen Gegenden. Der Reihe nach.
Entlang der Zufahrtsstraße gab es nicht viel, außer weiten Landschaften, freilaufenden Kühen und einen Felsen, der sich der Zeitungsfelsen nennt. Auf diesem sind Petroglyphen, die wohl über einen sehr großen Zeitraum hier entstanden sind. Die ältesten Darstellungen dort stammen aus der Zeit, in der auch unsere Zeitrechnung beginnt.
Der Nationalpark selbst ist Teil des Nationalparks, in dem ich gestern schon war. Nur eben auf der Südseite des Colorado River und seiner Canyon. Hier sind viele der Sandsteine schon deutlich verwitterter und haben in einem großen Bereich, den man aber nur aus der Ferne sieht, den man nicht direkt besuchen kann, die Gestalt von Nadeln angenommen, was diesem Teil den Namen gegeben hat. Die Highlights auf dieser Seite sind deutlich weniger, die Zufahrt deutlich länger, das führt dazu, dass hier deutlich weniger Touristen unterwegs sind. Sollte man mit Zelt oder Campingwagen unterwegs sein, so empfehle ich, wenigstens eine Nacht hier zu campen. Hier gibt es in großer Entfernung nichts und das muss den Nachthimmel hier wirklich einmalig machen. Jedoch wird hier auch gewarnt, die Türen der Waschräume immer gut geschlossen zu halten. Als Begründung sind darunter Fotos von Fledermäusen, Schlangen und Spinnen in solchen Waschräumen.
Meinen Tag habe ich hier mit drei Wanderungen von je etwa fünf Kilometern verbracht. Wieder waren die Wege nicht immer leicht zu finden und hier konnte man sich nicht, wie sonst, an anderen Wanderern orientieren, da es hier kaum welche gab. Aber glücklicherweise habe ich Karl May gelesen und habe mich als Spurenleser versucht. Es gibt wirklich Stellen, wo der Weg nicht mehr erkennbar ist, aber dann findet man zum Glück immer wieder Fußspuren, denen man folgt, bis man wieder Wegmarker sieht. Mehrfach bin ich auf hohen Punkten stehen geblieben, nur um mich umzusehen und wirklich niemanden zu sehen. Als mir dann doch mal ein Pärchen über den Weg lief, ratet es, ja, es waren Deutsche. Die sind wirklich überall hier.
Der letzte Wanderweg des Tages war besonders einsam. Schon am Parkplatz standen kaum Autos. Leider waren die Rundwege hier zu groß, so dass ich mich entscheiden habe, zu einem bestimmten Punkt rauszuwandern und dann den selben weg zurück zu nehmen. Über 40 Minuten bin ich so durch eine Landschaft gewandert, in der man Spuren von Tieren sah, ab und zu Vögel zwitschern hörte, aber sonst absolut niemand zu sein schien. Bis ich ein lautes Schnauben hörte und erschrocken zusammen fuhr. Da kam tatsächlich ein Jogger auf einem Geländelauf. Da war ich wieder hell wach. Jedoch war ich dann wieder eine weitere Stunde komplett alleine, bis ich wieder an meinem Auto war. Wer einmal für sich sein mag, hier ist er oder sie richtig.
Ach ja, zwei Dinge noch. Das Wetter hat heute stark nachgelassen. Es war den ganzen Tag sehr bewölkt und auch stark windig bis stürmisch. Zwei oder drei Mal sah es sogar aus, als würde sich eine Sandhose bilden. Und, was ich eigentlich seit zwei Wochen auf jeder Wanderung merke und gerne den Leuten sage, die mich schnaufen hören, wie ich meinen Körper die Anstiege hinauf schleife. I am built for pleasure, not for speed.