12. Oktober 2023 - Tag 20:
Monument Valley
Halbzeit. 20 von 39 Tagen habe ich hinter mir und habe heute auch den Bundesstaat Utah verlassen. Damit bin ich wieder 9 Stunden hinter euch. Ich sollte nun auch deutlich über 2000 Meilen gefahren sein, damit über 3000 Kilometer. Gut, dass ich das Auto noch nicht gewechselt habe, denn anscheinend habe ich alle 1000 Meilen einen Steinschlag. Den zweiten auf dieser Reise und den dritten in diesem Jahr. Auf offenen Straßen unterwegs, hinter mehreren Autos und nichts böses denkend, sehe ich auf einmal einen schwarzen Punkt auf mich zufliegen, es gibt einen lauten Schlag und nun habe ich neben einem Riss auch einen deutlichen Einschlag in meiner Windschutzscheibe. Dank eines Jeeps, die hier, aufgrund der Offroad-Möglichkeiten zahlreich verstreten sind. Mein Plan ist immer noch, bis San Diego kommen und dann schauen wir mal, ob ich das Auto gewechselt bekomme. Wobei der Subaru mir bisher sonst gute Dienste leistet und es heute sogar eine Situation gab, aus der ich vielleicht ohne des Allradantriebs nicht alleine heraus gekommen wäre. Eine interessante und neue Erfahrung, was so ein Antrieb im offenen Gelände wirklich kann.
Zwischen diesem Erlebnis und dem Steinschlag kam ich erst einmal am Forrest Gump Point vorbei. Dieser Punkt ist eine recht malerische Stelle auf dem Highway 163, der berühmt dadurch wurde, dass Tom Hanks als Forrest Gump im gleichnamigen Film hier seinen Dauerlauf beendet hat. Nachdem ich auch an seinem Wendepunkt, einem Leuchtturm in Maine vor fünf Jahren war, habe ich auch hier gehalten, um ein Foto schießen zu wollen. Vielleicht (hoffentlich) sieht das Bild etwas weniger belebt aus. Damit es keine Zweifel gibt, habe ich auch ein Foto davon gemacht, was hier los war. Das war einiges. Und anstatt, wie an anderen Orten, jeder dem anderen eine Chance gibt, DAS Foto zu schießen, lief hier jeder wild auf die Straße und ein Paar machte schon Fotos als ich ankam und machte noch immer Fotos als ich fuhr. Die standen also allen im Weg und zogen schon den Zorn so mancher auf sich. Es sah zwar toll aus und sicher hätte ich mir gerne auch mehr Zeit für ein gutes Foto genommen, da die Straße mit dem Hintergrund wirklich ein klasse Fotomotiv ist, aber den Stress wollte ich mir nicht antun. Das was ich aufgenommen haben musste reichen und weiter ging es, ins benachbarte Monument Valley.
Das Monument Valley liegt im Reservoir der Navajo Indianer und gehört daher nicht zum Nationalparksystem der USA. Mein Jahrespass für alle Parks hatte hier also leider keine Gültigkeit, jedoch war der Eintritt mit 8 Dollar, samt Auto, recht günstig. Das Monument Valley ist berühmt für seine Tafelberge und Felstürme, welche schon in vielen Filmen als Hintergrundkulissen gedient haben. Diese Berge werden Buttes genannt und die beiden Mitten Buttes hat bestimmt jeder schon einmal irgendwo gesehen. Für die nicht so Sprachbegabten, Mittens sind übersetzt Fäustlinge, fingerlose Handschuhe und ich denke, damit ergibt sich die Namensgebung, wenn man diese Berge sieht, die hier das absolute Highlight sind.
Es gibt auch eine etwa 17 Meilen lange Straße durch das gesamte Monument Valley, aber diese ist unbefestigt und übersäht mit Schlaglöchern. Ich habe mich hier einmal versucht und habe nach gut einer Meile aufgegeben und bin zurück gefahren. Unter, wie schon erwähnt, Nutzung des Allradantriebs. Wie hier normale Autos und sogar Wohnmobile wieder rauskommen, die tatsächlich die Straße entlangfahren, mag ich mi gar nicht vorstellen. Alternativ habe ich mir die Wanderschuhe wieder geschnürt und bin auf einem etwa sieben Kilometer langem Wanderweg einmal um den Western Mitten Butte, den linken Handschuh gewandert. Hier war ich wieder recht alleine mit der Natur. Zumindest was andere Menschen betraf. Für fast zwei Kilometer hatte ich ein Haustier. Ein wilder Hund hat mich begleitet, aber als wohl gemerkt hat, dass es bei mir nichts zu holen gab, hat er sich wieder von mir getrennt.
Da man hier vor giftigen Schlangen und Insekten mehrfach und eindringlich gewarnt wird ist mir aufgefallen, dass ich, seit dem Alligator in den Everglades, auf den ich fast getreten wäre, in der Wildnis immer erst hinter mich sehe, bevor ich vor mir ein Foto aufnehme. Man lernt wohl doch aus seinen Fehlern. Jedoch bin ich nichts und niemand gefährlichem oder wenigstens interessantem begegnet und konnte so nur den Tag und die beeindruckende Landschaft genießen.
Nicht bedacht habe ich, dass ich wieder die Uhr umstellen musste, als ich die Grenze zu Arizona überschritten habe. So war ich zu früh in Page und habe die Zeit dort genutzt, um zum Glen Canyon Dam Overlook zu fahren. Von dort hatte man eine schöne Aussicht auf den Glen Canyon Dam und den Colorado River darunter. Der Colorado River ist die Lebensader für den sonst trockenen Südwesten und nicht nur, dass er zur Trinkwasser- und Stromversorgung wie hier oder am Hoover Dam genutzt wird, er ist auch mit verantwortlich für viele der Canyons, die ich schon gesehen habe und vor allem den, der mich in den nächsten beiden Tagen hoffentlich erwartet. Immer noch ohne Schutzbrille für die Sonnenfinsternis übermorgen, hoffe ich, diese am Grand Canyon zu erleben, auch wenn ich befürchte, dass dann dort die Hölle los ist. Aber vielleicht fahren dann alle weiter in den Norden, in den Kernschatten der Sonnenfinsternis. Allein der Glaube fehlt. Viele sagen mir, dass der Anblick dort ein absolutes Highlight ist. Ich bin gespannt, denn für mich wird es auch das Ende der Nationalparks als solches. Vielleicht fahre ich noch mal durch einen, aber insgesamt wird die Reise danach mehr ein Roadtrip und eine Städtetour. Vielleicht sogar nächste Woche etwas ziellos. Bisher habe ich nur für zwei diese und nächste Nacht ein Hotel reserviert. Was danach kommt, da bin ich noch nicht ganz sicher. Das grobe Ziel ist San Diego. Wie ich dahin komme, wie lange ich mir Zeit lasse oder wie schnell ich durchfahre, das weiß ich noch nicht.
13. Oktober 2023 - Tag 21:
Antelope Canyon
Erwartungen. Heute konnte ich sehr gut sehen, wie diese sich Auswirken. Zum Guten und Schlechten. Ich hatte zwei Ziele. An das erste hatte ich keine großen und sie wurden bei weitem übertroffen. An das zweite Ziel hatte ich große Erwartungen und irgendwie wurden sie enttäuscht. Oder etwas, was ich vor zehn Tagen im Scherz gesagt habe, hat sich irgendwie bewahrheitet.
Der Wecker klingelte um 7 Uhr, wobei das mit der Uhrzeit in Page, Arizona gar nicht so einfach war. Hier, sehr nah an der Staatsgrenze, zeigte mein Handy eine andere Uhrzeit an, als meine Armbanduhr und mein Navi. Wenn man die Einwohner darauf anspricht, scheint das ein großes Problem in der Gegend zu sein und die Tour, die ich heute gebucht habe, hatte auch deutlich betont, nach welcher Uhrzeit man sich zu richten hat. Ich hatte ein wenig Sorge, dass sich mein Handy über Nacht umstellt, aber das ist zum Glück nicht passiert und so war ich pünktlich am Antelope Canyon. Bilder von hier hat jeder sicher schon mal gesehen, egal ob Google, Microsoft, LG, Samsung, Apple und wie sie alle heißen, alles was Bildschirmschoner bzw Hintergründe nutzt, hat wohl einen von hier. Und der Guide, ein Navajo Indianer namens Lamar, kannte jeden dieser Spots. Man scheint sehr stolz auf den Canyon, aber das kann man auch, man macht sehr viel Geld damit. Ich sollte auch sagen, die Canyon, denn ich musste erfahren, hier gibt es mehrere Canyons, die von unterschiedlichen Veranstaltern begangen werden. Insgesamt drei. Der bekannteste und am einfachsten zu begehende Canyon ist der Upper Canyon. Er ist auch der teuerste und gefragteste Canyon, für den ich keine Tickets mehr bekommen habe. Man sollte aber darauf hinweisen, wer hier hin möchte, sollte das unbedingt um die Mittagszeit tun, da nur dann die Sonne richtig in den Canyon scheint.
Ganztätig gutes Licht, aber dafür nicht so tolle Lichteffekte, hat der Lower Canyon, für den ich ein Ticket heute morgen bekommen habe. Es gab nur eine Stelle, in der die Sonnenstrahlen wirklich bis auf den Boden vielen, aber es gab sehr viele tolle Dinge zu sehen und viele Ohhs und Ahhs und Wows unserer 11er-Gruppe. Vor allem immer dann, wenn uns der Guide die Handys abgenommen hat und für uns die Fotos gemacht hat, von den aufregendsten und interessantesten Stellen. Das war schon sehr beeindruckend und man hat deutlich gemerkt, das machte er nicht das erste Mal. Hoffentlich gefallen sie euch auch so gut wie mir. Ich habe gezweifelt, nach Erzählungen Anderer, ob ich überhaupt hier Halt machen sollte, aber ich muss sagen, es war mehr den Besuch absolut wert und ich kann es nur empfehlen, hier unter die Erde zu gehen. Vielleicht sollte ich das auch noch erzählen, hier im Lower Canyon, durfte man keine Taschen oder etwas anderes als Wasser und eine Kamera mitnehmen, da man über steile Leitern unter die Erde geführt wird, dort durch eine enge, sich windende Schlucht geführt wird und, wenn man wieder aus der Erde hervorkommt, glaubt man kaum, wie das von oben aussieht und was man da unter der Erde gesehen hat.
An dieser Stelle möchte ich auch mal meinen Dank an meinen Kollegen Alexander ausrichten, der hier an vielen Orten schon gewesen ist und mich vor der Reise aber auch jetzt während der Reise immer wieder sehr hilfreich beraten hat. Das hat mir sehr geholfen.
Grand Canyon
Vom Antelope Canyon in Page habe ich mich dann noch knapp über 200 Kilometer entfernt und bin zu dem angekündigt großem Highlight gefahren, dem Grand Canyon. Richtig besichtigen will ich ihn morgen, aber ich habe schon einen Scenic Drive befahren, verschiedene Aussichtspunkte angefahren und mir einen Eindruck verschafft. Vor fast zwei Wochen, im Valley of Fire, machte ich einen Scherz. Als eine Frau sagte, ihr Mann mache gerade das 9000te Foto eines Felsens antwortete ich, am Ende stehe ich vor dem Grand Canyon und werde nur denken, Felsen. Irgendwie ist es genau so gekommen. Ich gestehe, ich habe es mir anders vorgestellt, auch habe ich kleinere, aber dafür schönere Canyons gesehen, erst gestern den am Glen Canyon Dam zum Beispiel. Außerdem waren mir hier viel zu viele Menschen. So viel wie hier los war, das war mir zu viel. Als ich den Ort verlassen habe, habe ich gesehen, wie viele Wochenendtouristen eingefahren sind, um das Wochenende zu verbringen. Ich befürchte, morgen werden das noch mehr. Natürlich werde ich es mir auch noch ansehen und dem ganzen eine zweite Chance geben, aber irgendwas in mir flüstert leise, ich freue mich auf das nächste Kapitel der Reise und die zwei Tage auf der Route 66, die ich vor mir habe.
14. Oktober 2023 - Tag 22:
Grand Canyon
Das war heute hoffentlich das letzte Mal im Urlaub, dass ich mit dem Wecker wach geworden bin. Der klingelte schon um 5 Uhr morgens. Zu dem Zeitpunkt war ich etwa eine halbe Stunde vom Grand Canyon und eine Stunde vom Sonnenaufgang dort entfernt. Also waschen, anziehen, packen und los ging es. Rechtzeitig am Grand Canyon angekommen, konnte ich mit vielen anderen zusehen, wie die Sonne aufging und den Canyon langsam aber stetig in Licht hüllte. Und damit gefiel es mir heute doch viel besser als gestern. Es ist schon Wahnsinn, wie groß das hier ist. So groß, dass man immer wieder Warnungen liest, Menschen sind hier zu Tode gekommen, weil sie an einem Tag bis zum Colorado River und zurück oder von einem Rim zum anderen an einem Tag wandern wollten.
Nicht wegen dieser Warnungen, sondern weil ich den Massen ausweichen und etwas Ruhe beim Wandern haben wollte, habe ich meine Pläne für heute geändert. Eigentlich wollte ich auch ein wenig einen der beiden sehr beliebten Wanderwege in den Canyon hinab wandern. Natürlich nicht ganz hinab, sondern einfach ein paar Meilen und wieder zurück. Aber der Gedanke, was da runter muss, muss auch wieder rauf, hat mich abgeschreckt. Ich hätte so 5 Kilometer hinabwandern können, mich dann wieder rauf schleppen müssen und der Tag wäre vorbei gewesen. Vielleicht nicht uninteressant, aber doch etwas wenig. Sollte ich noch mal hier her kommen, dann mit Campingausrüstung und dem Plan, mit einer mehrtägigen Wanderung wirklich zum Colorado River und wieder rauf zu wandern oder mich einer Bootstour auf selbigem anschließen. Heute habe ich aber entschieden, mit dem Bus ans Ende des South Rim zu fahren und von dort zurück zu wandern. Nicht ganz 20 Kilometer, dafür aber relativ flach, immer am Abgrund entlang. Vor allem auf den ersten 10 Kilometern war ich dabei die meiste Zeit alleine mit der Natur, dem Ausblick auf den Canyon auf der einen und auf einen Kiefernwald auf der anderen Seite, der herrlich gerochen hat.
Während der Wanderung war dann auch Sonnenfinsternis. Und ich muss gestehen ich habe sie eigentlich verpasst. Sollte ich im Leben noch mal eine Mitbekommen und einen Kernschatten in erreichbarer Nähe haben, dieser war diesmal im Canyonland, wo ich vor kurzem war, dann werde ich da hinfahren. 80 Prozent Sonnenfinsternis reichen nur, dass man merkt, wie es tagsüber etwas dunkler wird, das Licht wird fahl, irgendwie surreal. Das war es aber dann auch. Erkennt man es auf dem Bild hinter dem Raben?
Bei meiner Wanderung habe ich die gesamten 20 Kilometer geschafft, war dann aber auch geschafft und am Ende auch etwas genervt, weil ich dann dort ankam, wo "alle" waren und man sich durch die Massen kämpfen musste. Der einzig da noch interessante Moment war, als mich jemand auf deutsch ansprach mit den Worten: "Hey, Du schon wieder." Gestern, bei meiner Besichtigung des Antelope Canyon war ein junges deutsches Pärchen dabei, 200 Kilometer von hier. Und unter all den zigtausend Menschen hier entlang des Canyon haben wir es tatsächlich geschafft, uns wieder über den Weg zu laufen. Wir haben uns dann noch kurz unterhalten, aber dann war ich froh, mein Auto erreicht zu haben, die Wanderschuhe gegen Turnschuhe zu tauschen und dann dem Ganzen hier zu entkommen, denn es kamen mehr und mehr Menschen hier an.
Mit einem Umweg über Flagstaff bin ich dann noch 150 Kilometer Richtung Süden gefahren und bin nun in Williams, Arizona angekommen und habe die ersten Meter auf der Route 66 hinter mir, die direkt an meinem Motel vorbei läuft. In einem Diner, wie man ihn sich aus Filmen vorstellt, habe ich mir dann noch einen Burger gegönnt. Die Wahl auf diesen Diner habe ich getroffen, da er ein Auto mit Coca Cola Schriftzug auf dem Vordach hatte. Danach bin ich noch etwas durch den sehr kleinen Ort spazieren gegangen, habe aber dann früh die doch etwas wunden Füße im Motel hoch gelegt.
Hier habe ich endlich mal ein richtiges, billiges Motelzimmer. Der Geruch von Insektenspray begrüßt einen, die Möbel sind alt und eine Steckdose muss man suchen. So stelle ich mir das Reisen vor. Wobei, hier ist renoviert wurden, es gibt Laminatboden und ein fast modernes kleines Badezimmer. Für ein billiges Motel ist das hier fast zu gut. Heute gibt es mal ein Foto von meinem Zimmer.
Die nächsten beiden Tage werde ich auf der historischen Route 66 verbringen, das heißt, ich werde lange schlafen, kurze Strecken fahren, mit dabei den Kitsch entlang der Straße ansehen und mich in Diners und Bars rumtreiben. Morgen ist ja Sonntag, da werde ich mir vielleicht auch mal richtig Zeit nehmen American Football zu schauen. Sollte ich euch also bisher gelangweilt haben, werden die nächsten Tage nicht spannender.