USA Roadtrip 2023

California and more

15. Oktober 2023 - Tag 23:

Route 66

 

Von Williams in Arizona, bis Kingman, Arizona waren es heute nur etwa 180 Kilometer. Die ersten davon über die Interstate 40, die hier die Route 66 ersetzt und dann tatsächlich auf der alten, historischen Route 66, unter anderem durch den Ort Seligman. Seligman gilt als Geburtsort der Mutter aller Straßen, wie die Strecke von Chicago nach Los Angeles auch genannt wird. Einen Grund dafür habe ich nicht herausgefunden. 2016 habe ich schon einmal zwei Tage auf der Route 66 verbracht, damals von Chicago, Il bis St. Louis, Mo. Viele Parallelen habe ich dabei gefunden. Es gibt viele kleine Tankstellen, Schilder, Wandmalereien, Shops und vieles mehr, die an die Hochzeit der Route 66 erinnern, welche sie wahrscheinlich weltbekannt gemacht hat. Aber dann kamen die Interstates auf, wir würden Autobahnen sagen, die Autos und Lastkraftwagen haben ihre Reichweiten erhöht und es gab keine Gründe mehr für die Reisenden, lange Pausen einzulegen. Die Interstates führen an all den kleinen Orten vorbei und da diese davon gelebt haben, sind viele der Orte mehr dem Untergang preis gegeben. Das war schon am anderen Ende der Strecke so und das sieht man auch hier, wenn man genau hin schaut. Viele der Gebäude stehen leer, die Orte wirken insgesamt verlassen und teilweise sogar verfallen. Das ist sehr traurig zu sehen, denn mir gefällt dieser bunte und übertriebene Kitsch.

Sehen konnte ich ihn aber im Kleinen in Seligman, wo es zwei kleine Cafes/Souvenirläden gibt, die Reisende noch verpflegen und alle möglichen Route 66 Memorabilien überraschend günstig verkaufen. Im Großen war es am Tagesziel, in Kingman zu sehen. Dies ist eine Kleinstadt, die sich wohl darauf eingestellt hat, Touristen zu bewirten, die zwischen Los Angeles und dem Grand Canyon reisen. Hier gibt es viele Motels, Route 66 oder andere kleine Museen und vor allem jeder Fastfoodladen, den man sich vorstellen kann, ist hier vertreten. Den Vorteil den Kingman hat, die Interstate 40 und die Route 66, die vorher und hinterher getrennte Wege gegangen sind, kreuzen sich hier. So kommt man durch Kingman, wenn man ein Route 66 Tourist ist oder einfach nur auf der Durchreise. Hier geht die Anbetung des Automobils so weit, dass es hier sogar eine Stelle gibt, wo man ein Selfie mit seinem Auto machen kann. Ich habe es selbst nicht gemacht, aber es gibt ein Foto von jemandem, der sich gerade fotografieren lies. Apropos, etwas, das man auch überall entlang der Strecke finden kann, sind alte Autos, die man nicht anfassen aber bestaunen darf. Da musste ich wieder daran denken, wie toll Autos früher doch waren. Wenn ich an die Autos von heute denke, wer wird sich die in 50 Jahren in einem Museum anschauen wollen. Vor allem, wo mehr und mehr das immer gleiche SUV, egal von welcher Marke, gebaut wird.

Aber genug gejammert. Ich habe den Tag genau so verbracht, wie ich es mir vorgenommen habe, mit einem kleinen Bonus. Ich bin gemütlich die langen, einsamen Straßen entlanggefahren und habe das Wetter, Musik und die Landschaft genossen, mit dem kleinen Wehmut, mein Cabrio zu hause in der Garage zu wissen. Immer wieder habe ich einen kurzen Stopp bei all den netten, kleinen Dingen gemacht, die man entlang der Straße fand und in Kingman habe ich ein Eisenbahnmuseum besucht und mich dort mit einem Einheimischen und einem Mann aus England sehr toll unterhalten. Mit Einheimischen kam ich dann noch mal in  Kontakt bei meinem letzten und längsten Halt. Eine Bikerbar, in der American Football lief und in der ich mich wunderbar mit stereotypen Bikern und Rednecks unterhalten habe. Es war sehr lustig, solange man es geschafft hat, das Thema Politik immer wieder zu umschiffen. Gerade bei den Rednecks wird Trump sehr verehrt. Ich muss besser sagen, vergöttert. Dort habe ich auch Dennis Pfannenstiehl kennen gelernt, der mir sogar seinen Ausweis gezeigt hat, weil er mir unbedingt beweisen wollte, dass er einen deutschen Namen hat. 

Wie angekündigt, es war heute langweilig und morgen wird es wahrscheinlich noch etwas langweiliger, weil es ein reiner Transfer wird. Mit nur einem Footballspiel im Fernsehen. Aber so kann ich die Beine noch etwas schonen, denn Dienstag soll es wieder einen Wandertag geben.

16. Oktober 2023 - Tag 24:

Route 66

 

Mittlerweile bin ich fast 350 Kilometer Autofahrt weiter Richtung Südosten. Dabei habe zum letzten Mal auf dieser Reise den Colorado River gesehen und überquert und damit auch zu letzten Mal auf dieser Reise eine Staatsgrenze, von Arizona nach Kalifornien. Damit habe ich mittlerweile 26 Bundesstaaten der USA besucht. Auf dieser Tour kamen vier hinzu und mit einem kleinen Umweg hätte ich noch zwei schaffen können. Geplant war noch Colorado, aber das hat leider nicht geklappt. In zwei Tagen sollte ich dem Pazifik nahe sein und dann auch immer in Küstennähe bleiben für die letzten zwei Wochen meiner Reise.

Jetzt aber zu heute. Aus dem Hotel bin ich heute später ausgecheckt, da außer Auto fahren nichts auf meinem Programm stand und ich nicht zu früh am Ziel sein wollte. Dann ging es wieder auf die historische Route 66, nicht auf die Interstate 40 und damit bald hinauf ins Gebirge. Das hört wohl nie auf. Diese Etappe der Route 66 steht anscheinend nicht bei allen auf dem Plan, die diese Straße bereisen und hier weichen wohl, so wie ich bei der Vorbereitung gelesen habe, auf die Autobahn aus. Jedoch kann ich das nicht wirklich verstehen. Der Sitgreaves Pass, der hier über das Gebirge führt, ist eine enge und kurvenreiche Straße, die Autofahrern und sicher vor allem Bikern viel Spaß bereiten sollte. Und nicht nur dieser Pass ist hier empfehlenswert, man kommt auf dieser Etappe auch durch den Ort Oatman, den ich vorher nie wirklich beschrieben gefunden habe, über den ich mittlerweile aber einiges gelesen habe, denn dieser Ort ist ein Highlight auf seine Weise an der Strecke.

Bevor ich zum Ort komme, komme ich zur Namensgebung des Ortes. Olive Oatman war ein junges Mädchen, deren Familie sich einem Mormonentrail angeschlossen hat, welcher von Indianern überfallen wurde. Dabei wurde die Familie Oatman fast komplett massakriert. Ein Sohn überlebte, weil er für tot gehalten wurde und zwei Töchter wurden mitgenommen und versklavt. Olive Oatman war eine davon. Ihre Schwester starb bald darauf, während sie nach einer Weile an einen anderen Stamm verkauft wurde. Dort wurde sie besser behandelt und nach den Sitten des Stammes unter anderem das Kinn tätowiert. Darum sehen ihre Fotos etwas seltsam aus. Nach fünf Jahren wurde sie befreit und sah ihren Bruder wieder. Das einzige, was ich nicht herausgefunden habe ist, warum dieser Ort hier nach ihr benannt wurde. (Olive Oatmans Foto auf Wikipedia.)

Der Ort Oatman selbst ist eine ehemalige Goldgräbersiedlung in der geschätzt Gold für 30 Millionen Dollar abgebaut wurde. Laut eines Inflationsrechners wären das heute über eine halbe Milliarde Dollar. Da mit dem Ende des Goldabbaus die Hochzeit der Route 66 aufkam, wurde dieser Ort nicht, wie andere Goldgräberstädte, zu einer Geisterstadt. Das passierte erst in den 60er Jahren, auch hier wegen des Baus der Interstate 40. Irgendwann kam dann aber die Route 66 Nostalgie auf und damit auch das Leben zurück nach Oatman. Heute leben hier um die 100 Menschen. Was diesen Ort aber besonders macht, hier ist die Hauptstraße noch in der Gestalt, wie sie früher war und, da es einen Brand überlebt hat, gibt es hier noch ein Hotel von 1902. In diesem hat wohl Clark Gable seine Flitterwochen verbracht und er kam auch sehr oft hier her um zu pokern. Hoffentlich geben die Bilder etwas den Charme der Stadt wieder, aber wenn hier nicht eine geteerte Straße und zahleiche moderne Autos wären, käme man sich wie in der Filmkulisse einer Westernstadt vor. Nur das die Gebäude neben dem Hotel vor allem Bars und Souvenirläden sind. Man kann aber neben dem Hotel auch einen alten Minenstollen und das alte Gefängnis besuchen. Außerdem gibt es hier wohl ab und an gestellte Schießereien, Postkutschenüberfälle und andere Unterhaltungen. Und es gibt hier freilaufende Burros, die wohl wie Einwohner behandelt werden. Sehr gut konnte ich das sehen, als einer der Esel in einen der Shops wollte. Die Burros stammen wohl von Lasteseln aus der früheren Zeit ab, die freigelassen wurden, als sie nicht mehr gebraucht wurden. Sie sind wohl in der Gegend geblieben und kommen gerne in den Ort, weil die Touristen hier Futter kaufen können, um die Tiere zu füttern. Auch wenn es sehr wie eine Touristenattraktion und nicht unbedingt tierfreundlich wirkt, so wird sehr darauf hingewiesen, dass die Tiere nicht angebunden sind, sich frei bewegen können und wirklich wild sind. Entsprechend soll man sie auch mit Vorsicht genießen und sich vor den Zähnen und Hinterhufen in acht nehmen.

Bald hinter Oatman führt die Route 66 dann wieder auf die Interstate 40 und verlässt sie erst wieder dort, wo ich vor über zwei Wochen schon einmal für einen Tag auf der Route 66 war. Zwischen Barstow und Ludlow. Daher habe ich sie nun verlassen und bin über ewig lange gerade Strecken zu meinem Tagesziel nach Twentynine Palms gefahren. Von hier aus will ich durch den Joshua Tree Nationalpark. Wenn ich nun mit immer wieder Route 66 gelangweilt habe, ist das nun fast vorbei. Da ich in Chicago den Startort der Strecke besucht habe, werde ich auch das andere Ende in Santa Monica suchen. 

Eigentlich war mein Plan, morgen im Joshua Tree Nationalpark den ein oder anderen Wanderweg zu machen. Diese sind sehr kurz und daher dachte ich, sie sind keine Herausforderung. Dann musste ich aber feststellen, dass heute der heißeste Tag meiner Reise war. Dafür, dass ich seit fast drei Wochen durch Gegenden gefahren bin, die sich Wüsten nennen, will das etwas heißen. Der Pool hier im Hotel ist zwar klein, aber widerstehen konnte ich ihm nicht. Vorher war ich aber noch im Tourismusbüro der Stadt und da warnte man auch vor langen Wanderungen. Daher muss ich morgen sehen, ob ich wirklich wandern werde oder nur den Park durchfahre und mich der Abkühlung des Pazifiks näher bringe. Wasser ist auf jeden Fall genug im Auto. Zur Sicherheit.

17. Oktober 2023 - Tag 25:

Joshua Tree

 

Regnet es zu hause? Wenn ja, schickt mir bitte Bilder davon. Hier ist es viel zu heiß. Heute hat es hier die 40°C überschritten und ich bin froh, wieder in einem klimatisierten Motel zu sein. Auch wenn der Tag im Joshua Tree Nationalpark wirklich schön war. Ein unterschätzter Nationalpark, der wie ein Abenteuerspielplatz für Kinder von 6 bis 66 wirkt. Und auch für andere Altersklassen.  Die Felsformationen sind hier ganz anders als anderswo bisher und überall sah man junge und alte Personen herum klettern, nach Höhlen, Spalten, Fotomotiven oder einfach nur Herausforderungen suchend. Auch ich habe mich anstecken lassen und bin anderen in Slot Canyons hinein gefolgt, die teilweise so eng wurden, dass ich meinen Rucksack, samt Kamera, draußen gelassen habe. Das Angenehme daran war, hier gab es Schatten und damit etwas Abkühlung. Trotz der Hitze habe ich heute zwei Wanderungen unternommen, die ich aber kurz gehalten und dabei sehr viel Wasser getrunken habe. Dabei habe ich neben der Slot Canyons einen Naturlehrpfad bewandert und habe einen Felsen in Schädel- und einen in Herzform besucht.

Zurück im Auto war es so heiß, dass ich mir am Lenkrad fast die Finger verbrannt habe. Wenn man beim offenem Fenster während die Fahrt die Hand herausgehalte hat, fühlte es sich an, als würde man sie vor einen Föhn halten. Ich habe gelesen, in San Diego soll es unter 30°C haben und bewölkt sein. Nach heute eine angenehme Nachricht. Noch schwitze ich aber zwischen Indio und Coachella. Trotz das es schon früher Abend ist, zeigt mein Handy immer noch 35°C an. Wem der Name Coachella bekannt vorkommt. Hier findet im Frühjahr ganz in der Nähe das Coachella Festival statt. Interessant ist aber die Gegend auch dafür, dass hier in der Gegend das südliche Ende der San Andreas Verwerfung beginnt. Von hier bis nördlich von San Francisco bewegen sich die nordamerikanische Kontinentalplatte und die pazifische Kontinentalplatte mit einer Geschwindigkeit von bis zu sechs Zentimeter im Jahr aneinander vorbei und machen Kalifornien zu einem der erdbebengefährdetsten Gegenden der Welt. Auch weil die San Andreas Verwerfung wohl eine der wenigen Plattengrenzen ist, die auf dem Kontinent und nicht dem Meeresgrund verläuft.

Meine Pläne für Morgen sind überschaubar. Nach San Diego fahren. Ansonsten ist erst mal nichts direkt geplant. Aber vielleicht habe ich ja doch noch etwas zu erzählen.